Folgenabschätzung zum Einfluss der Wikimedia Foundation auf die Menschenrechte
Einführung
Dieser Human Rights Impact Assessment (HRIA)-Bericht wurde von der Wikimedia Foundation im Jahr 2020 in Auftrag gegeben, um menschenrechtliche Risiken im Zusammenhang mit Wikimedia-Projekten zu verstehen und Möglichkeiten zur Bewältigung und Abschwächung dieser Risiken zu ermitteln.
Die Wikimedia-Bewegung ist eng mit den Menschenrechten verknüpft. Grundsätzlich tragen unsere Projekte dazu bei, jedem einzelnen Menschen den Zugang zu Wissen zu ermöglichen - ein wichtiges Menschenrecht. Aber der Prozess des Kuratierens, Teilens und Beitragens von Wissen hat auch Auswirkungen auf die Grundrechte wie freie Meinungsäußerung, Privatsphäre und Gleichberechtigung, um nur einige zu nennen. Die vorliegende Folgenabschätzung zu den Menschenrechten soll diese Einflüsse untersuchen und mögliche Maßnahmen aufzeigen, wie die Stiftung die Menschenrechte besser respektieren und fördern kann.
Dieser Bericht wurde im Juli 2022 im Rahmen unserer Verpflichtung zur Transparenz veröffentlicht, um Freiwillige um Feedback zu bitten, wie die Stiftung mit den Empfehlungen aus dem Bericht verfahren soll. Mit der Veröffentlichung dieses Berichts lädt die Stiftung sowohl die Teilnehmenden der Wikimedia-Bewegung als auch die breitere Menschenrechtsbewegung dazu ein, sich an diesem Gespräch zu beteiligen und die Stiftung für ihre Menschenrechtsverpflichtungen zur Rechenschaft zu ziehen, wie in der Einleitung zu unserer Human Rights Policy beschrieben.
Was ist eine Folgenabschätzung für die Menschenrechte?
Folgenabschätzungen zum Einfluss auf Menschenrechte helfen dabei, mögliche Reaktionen auf menschenrechtliche Risiken für ein Unternehmen, eine Organisation, ein Projekt, eine Richtlinie oder eine Vereinbarung zu ermitteln und zu berücksichtigen. Sie beziehen oft diejenigen mit ein, die von den potenziellen Risiken betroffen sind, und bauen auf anderen Sorgfaltsprüfungsprozessen innerhalb einer Organisation auf. Von Unternehmen, einschließlich Online-Plattformen, wird zunehmend erwartet, dass sie HRIAs als Teil ihrer Sorgfaltsprüfung durchführen und veröffentlichen.
Wie und wann wurde die Bewertung durchgeführt?
Die Bewertung wurde 2020 von Article One durchgeführt, einer spezialisierten Strategie- und Unternehmensberatung mit Fachwissen in den Bereichen Menschenrechte, verantwortungsvolle Innovation und Nachhaltigkeit. Article One übergab seinen Bericht im Juli 2020 an die Stiftung. Die Bewertung umfasste eine Überprüfung öffentlicher und privater Informationen über die Stiftung und die Wikimedia-Projekte sowie Interviews mit Mitarbeitenden der Stiftung und sechs führenden externen Expert*innen im Bereich Menschenrechte. Die Ergebnisse des Berichts wurden dann mit sechs Freiwilligen aus aller Welt überprüft.
Was beinhaltet die Bewertung?
Die Bewertung umfasst:
- Ein Vorwort, in dem der Kontext der Bewertung erläutert wird, wie die Menschenrechte mit der Wikimedia-Vision zusammenhängen und welche Schritte die Stiftung seit der Vorlage des Berichts unternommen hat, um die Menschenrechte zu fördern
- Eine Zusammenfassung des Berichts
- Eine detailliertere Analyse der fünf im Bericht genannten Kategorien von Menschenrechtsrisiken
- Empfehlungen für die Stiftung, um auf Menschenrechtsrisiken zu reagieren
Das Vorwort und die Zusammenfassung des HRIA sind auf Arabisch, Chinesisch (traditionell), Französisch, Russisch und Spanisch verfügbar.
Article One und die Stiftung haben einige Elemente der Bewertung geschwärzt, um die Identität und die Sicherheit der Mitarbeitenden und Freiwilligen der Stiftung zu schützen und um Informationen einzuschränken, die böswillige Akteure nutzen könnten, um Wikimedia-Projekte zu missbrauchen. Dennoch haben sich die Foundation und Article One bemüht, die ursprüngliche Integrität des Berichts so weit wie möglich zu erhalten.
Warum wird der Bericht jetzt (im Jahr 2022) veröffentlicht?
Leider hat sich die Veröffentlichung dieses Berichts aufgrund von Kapazitätsengpässen und Unterbrechungen durch die COVID-19-Pandemie erheblich verzögert. Dennoch hat die Stiftung in den zwei Jahren seit der Vorlage des Berichts wichtige Menschenrechtsarbeit geleistet. Die Stiftung hat Schritte unternommen (siehe unten), um die Menschenrechtsarbeit voranzutreiben, die mit den bestehenden Prioritäten der Organisation übereinstimmen, einschließlich einiger Empfehlungen aus der Bewertung des Einflusses auf die Menschenrechte.
Was hat die Stiftung unternommen, um auf die Ergebnisse und Empfehlungen des Berichts zu reagieren, seit dieser vorgelegt wurde?
In den vergangenen zwei Jahren hat die Stiftung ihre Fähigkeit gestärkt, auf die Empfehlungen des Berichts zu reagieren und, wo möglich, Empfehlungen aus dem HRIA umzusetzen, die bereits mit den Prioritäten der Organisation und anderen Projektplänen übereinstimmten.
Die wichtigsten Schritte sind:
- Entwicklung eines universellen Verhaltenskodexes: Im Jahr 2020 begann die Stiftung mit der gemeinsamen Entwicklung eines Universal Code of Conduct für alle Wikimedia-Projekte im Rahmen des Movements. Der Universelle Verhaltenskodex wurde im Februar 2021 vom Board of Trustees genehmigt und die Durchsetzungsrichtlinien für diese Richtlinie werden derzeit entwickelt.
- Investitionen in mehr Menschenrechtskompetenz bei der Stiftung: Die Foundation hat mehrere neue Positionen geschaffen - darunter einen Human Rights Lead, Human Rights Fellows, Vice President of Global Advocacy und einen Senior Human Rights Advocacy Manager -, um Personen mit Fachkenntnissen auf dem Gebiet der Menschenrechte einzustellen und bessere Prozesse zu etablieren, um auf menschenrechtliche Risiken bei unseren Projekten zu reagieren. Diese Positionen werden durch einen neu geschaffenen Lenkungsausschuss für Menschenrechte ergänzt, der sich aus hochrangigen Führungskräften aus der gesamten Stiftung zusammensetzt und für die Koordinierung der hochrangigen Entwicklung und Umsetzung der Menschenrechtspolitik der Stiftung und anderer Due-Diligence-Verfahren zuständig ist.
- Stärkung von Menschenrechtsressourcen und bewährten Praktiken für die Bewegung: Von 2021 bis 2022 haben Mitarbeiter der Stiftung mit Menschenrechtskenntnissen bessere Kanäle und Mechanismen für Freiwillige und angeschlossene Organisationen eingerichtet, um Menschenrechtsprobleme an Mitarbeiter zu melden, die in der Lage sind, Maßnahmen zu ergreifen und auf Bedrohungen zu reagieren. Die Mitarbeitenden haben auch dazu beigetragen, gefährdete Freiwillige in digitalen Sicherheitskompetenzen und bewährten Praktiken zu schulen, u. a. durch persönliche Beratungen und die Entwicklung eines mehrsprachigen Toolkits, damit diese Freiwilligen ihre Privatsphäre und Sicherheit im Internet besser schützen können. Schließlich haben die Mitarbeitenden der Stiftung die Zusammenarbeit mit dem Programm Voices Under Threat vorangetrieben, um sowohl regelmäßige Sprechstunden in den Communities als auch mehrsprachige Online-Ressourcen zu entwickeln, die sich mit digitaler Sicherheit befassen.
- Verabschiedung einer Menschenrechtspolitik: Die Stiftung hat eine Menschenrechtsrichtlinie entwickelt, die im Dezember 2021 vom Kuratorium genehmigt wurde. Diese Richtlinie verpflichtet die Stiftung zu vier Schlüsselaktivitäten, die notwendig sind, um Menschenrechtsrisiken anzugehen und abzumildern, darunter:
- Laufende Überprüfung der Einhaltung von Menschenrechten
- Nachverfolgung und öffentliche Berichterstattung über unsere Bemühungen zur Einhaltung unserer Menschenrechtsverpflichtung
- Nutzung unseres Einflusses bei Partnern, dem Privatsektor und Regierungen, um die Achtung der Menschenrechte voranzutreiben und zu wahren
- Bereitstellung von Zugang zu wirksamen Rechtsmitteln, wenn ein Schaden eingetreten ist
- Einbindung der Community: Die Stiftung startete im Mai 2022 eine Reihe öffentlicher und privater Dialoge mit verschiedenen Communities und Mitarbeitenden der Stiftung, um die Bedürfnisse von Community-Mitgliedern, die mit Menschenrechtsproblemen konfrontiert sind, besser zu verstehen und um herauszufinden, wie die Umsetzung der Menschenrechtspolitik diese Bedürfnisse unterstützen kann.
- Fortlaufende Prüfung der Einhaltung von Menschenrechten: Nach der Vorlage des HRIA-Berichts hat die Stiftung zwei weitere Bewertungen der menschenrechtlichen Einflüsse in Auftrag gegeben, darunter eine Bewertung der Auswirkungen auf die Kinderrechte im April 2022 und eine Bewertung der menschenrechtlichen Einflüsse auf Produktebene im Mai 2022. Die Stiftung wird auch diese Berichte veröffentlichen.
- Abmilderung der Einflüsse von Desinformation: Desinformation war für die Stiftung schon vor der Durchführung des HRIA ein Thema, das sie interessiert und beunruhigt hat. Wir wissen, dass viele Menschen in der Bewegung diese Meinung teilen. Wir haben in der Stiftung Investitionen getätigt, um Freiwillige besser dabei zu unterstützen, die einzigartigen Möglichkeiten, wie Desinformation unsere Projekte beeinflussen kann, zu verstehen, zu erkennen und darauf zu reagieren. Zu dieser Arbeit gehören die Einstellung von Mitarbeitenden mit Fachwissen im Umgang mit Desinformation in verschiedenen kulturellen Kontexten, die Durchführung von Forschungen und Untersuchungen, um besser zu verstehen, wie Desinformation in unseren Projekten auftauchen kann, die Unterstützung von Freiwilligen bei der Überwachung von Inhalten, die Gegenstand von Desinformation sein könnten, und die Entwicklung neuer Tools, die die Reaktion auf Desinformation einfacher und effizienter machen. Auf der Grundlage dieser Erfahrungen arbeitet die Stiftung an der Entwicklung einer institutionellen Strategie, um gegen Desinformation in Wikimedia-Projekten vorzugehen, und hat ihre Lobbyarbeit zur Förderung öffentlicher Maßnahmen gegen Desinformation im Internet verstärkt.
Blick nach vorn (Juli 2022)
Es bleibt noch viel zu tun, um die in dieser Bewertung ermittelten Risiken anzugehen und die in der Menschenrechtspolitik der Stiftung dargelegten Verpflichtungen zu erfüllen. Kurzfristig wird die Stiftung die oben beschriebene Arbeit fortsetzen, einschließlich einer Bewertung des Einflusses auf die Kinderrechte, die wir im April 2022 begonnen haben, und einer Bewertung des Einflusses auf die Menschenrechte auf Produktebene, die im Mai 2022 begonnen wurde. Um unser langfristiges Engagement für die Menschenrechte zu untermauern, laden wir die Mitglieder der Bewegung ein, Fragen zu stellen, Feedback zu geben und die Empfehlungen des Berichts auf dieser Diskussionsseite zu erörtern, um herauszufinden, welche Empfehlungen die Stiftung als nächstes verfolgen sollte.
Wir hoffen, dass die Erkenntnisse des HRIA den Mitgliedern des Wikimedia Movements helfen werden, die Art der Risiken und Bedrohungen im Bereich der Menschenrechte zu verstehen, mit denen wir gemeinsam konfrontiert sind, und dass sie die Arbeit und die anspruchsvollen Diskussionen unterstützen werden, die erforderlich sind, um diese Risiken zu mindern und die Mitglieder unserer Communities zu schützen.
Wie kann ich Feedback geben?
Wir freuen uns über Fragen, Kommentare und Feedback zu dem Bericht und seinen Empfehlungen auf dieser Diskussionsseite. Teilnehmende des Global Advocacy Teams werden auch an der Sitzung des Ausschusses für Community-Angelegenheiten am 14. Juli teilnehmen, um diesen Bericht zu diskutieren und Fragen zu beantworten.
Zusätzlich zu diesen Räumen hat das Global Advocacy Team begonnen, monatliche Community-Konversationsstunden zu veranstalten. Wir werden am 28. Juli um 12:00 und 17:00 Uhr UTC über diesen Bericht und unsere Arbeit rund um die Menschenrechtspolitik berichten. Wir laden Freiwillige ein, an diesen Gesprächen teilzunehmen, Fragen zu stellen und ihr Feedback zu dieser Bewertung zu geben.
Das Global Advocacy and Human Rights Team wird auch Diskussionen über diesen Bericht und die umfassenderen Menschenrechtsverpflichtungen der Stiftung auf der Movement Strategy Forum Plattform und während zukünftiger Wikimedia Events fördern.
Wenn du es vorziehst, uns dein Feedback privat mitzuteilen, um deine Identität zu schützen oder potenzielle Risiken für die Menschenrechte für dich oder andere zu begrenzen, kannst du unser Team auch unter policy@wikimedia.org erreichen.