Wikimedia Foundation/Chief Executive Officer/Updates/Update zum ersten Jahr
Hallo allerseits! In diesem Monat war ich offiziell ein Jahr lang CEO der Wikimedia Foundation. Auf der Grundlage des erhaltenen Feedbacks habe ich versucht, alle paar Monate ein regelmäßiges Update zu veröffentlichen (siehe Januar, April, Juni, September). Heute möchte ich ein weiteres posten, in dem ich über mein erstes Jahr nachdenke und anstehende Projekte bespreche, die bei der Foundation geplant sind.
Einige von euch werden sich erinnern, dass ich mich auf meine Arbeit bei Wikimedia mit einer zweimonatigen Zuhör-Tour vorbereitet habe, im Laufe derer ich mich mit einigen hundert Freiwilligen und Wikimedia-Angestellten in 55 Ländern austauschen konnte. Daraus entstanden die fünf Rätsel und drei Prioritäten, die ich mit euch zu Beginn geteilt habe. Diese Rätsel bilden auch weiterhin die Grundlage der meiner Meinung nach wichtigsten Fragen, die wir gemeinsam beantworten müssen, insbesondere „Was braucht die Welt jetzt von uns?“.
Ich habe auch die drei Prioritäten umgesetzt, die ich letzten Januar ausgeführt hatte: (1) Neugestaltung des Jahresplans der Foundation, um ihn besser in die Strategie unserer Bewegung einzubetten; (2) Anstellung einer fähigen Chief Product & Technology Officer bei der Wikimedia Foundation; (3) Auffrischen der Organisationswerte der Foundation, um den Umgang miteinander und die Zusammenarbeit mit euch allen anzuleiten.
Englische Spendenkampagne
Ende 2022 wurde ein Request for Comment (RfC) in der englischsprachigen Wikipedia gestartet, in dem inhaltliche Änderungen an den Spendenbannern zum Jahresende vorgeschlagen wurden. Die Wikimedia Foundation akzeptierte die Grundaussagen des RfC und richtete eine Mitgestaltungsseite ein, um Ideen von freiwilligen Community-Mitgliedern zu den Spendenbannern zu sammeln. Während der Spendenkampagne veröffentlichte das Team der Foundation auf dieser Seite regelmäßige Updates. Kurz zusammengefasst wurden im Lauf der Kampagne mehr als 450 Banner getestet und 24,7 Millionen Dollar eingenommen, statt wie angestrebt 30 Millionen Dollar (ein Defizit von 5,3 Millionen Dollar). Während der ersten Tage führten die neuen Banner zu ungefähr 70 % weniger Einnahmen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Zusätzliche Informationen zu den Ergebnissen der Spendenkampagne sind hier zu finden. Das Fundraising-Team wird im kommenden Jahr weiter zusammen mit allen Sprachcommunitys an den Spendenbannern arbeiten und wir freuen uns darauf, auf dem aufzubauen, das wir während dieser Kampagne gelernt haben.
Im RfC kamen neben den Spendenbannern weitere, größere Probleme zur Sprache. Auch wenn die erwarteten Rückgänge in den Einnahmen diese Phase für die Foundation erschwert haben, glaube ich, dass wir versucht haben, diese größeren Bedenken, von denen viele auch in weiteren Communitys geteilt werden, zu verstehen.
Eine Kritik betraf das sehr schnelle Anwachsen des Budgets der Foundation, das sich in den letzten Jahren stabilisiert hat. Aufgrund des Defizits aus der letzten englischen Spendenkampagne überprüfen und reduzieren wir die Kosten des laufenden Jahrs. Und ich erwarte, dass wir im nächsten Jahr ein geringeres Budget und definitiv langsameres Wachstum haben werden. Bis April werden wir weitere Informationen über zukünftige finanzielle Prognosen haben.
Ich habe bereits bekanntgegeben, dass ich offene Gespräche mit dem Board und Angestellten der Foundation begonnen habe, um zu klären, welche Bereiche die Foundation weiter verstärken sollte (etwa technische Unterstützung) und welche Aktivitäten wir anderen überlassen oder ganz einstellen sollten. In Zukunft sollte die Größe unseres Budgets davon abhängen, was die Foundation tun sollte und auch tatsächlich gut kann. Die Strategie der Wikimedia-Bewegung für 2030 gab eine Richtung vor (und hat bislang unser Wachstum angetrieben), ließ aber konkrete Details vermissen. Ich erwarte, dass die Movement Charter hier mehr Klarheit bringen wird, glaube aber, dass die Foundation vermutlich schon vorher bestimmte Entscheidungen treffen muss.
Eine zweite Kritik betraf das Eingehen der Foundation auf Autor:innen und andere Beitragende. Wir müssen gemeinsam Lösungen für über Jahrzehnte angehäufte technische Mängel sowie schlechte Prozesse für die Wartung der Software finden und dabei versuchen, in einer Welt relevant zu bleiben, in der die Technik sich immer schneller weiterentwickelt. Für die meisten dieser technischen Herausforderungen gibt es keine raschen Patentlösungen.
Dessen ungeachtet hat unsere Chief Product and Technology Officer Selena Deckelmann, die Erfahrung mit der Unterstützung von Onlinecommunitys und mit der Zusammenarbeit mit technischen Beitragenden mitbringt, in ihren ersten sechs Monaten wichtige Fortschritte erzielt. Von ihr kommt folgendes Update:
„Wir haben bei Problemen mit der PageTriage-Erweiterung, die von der betroffenen Benutzergruppe in einem offenen Brief signalisiert wurden, Fortschritte erzielt. In den letzten 120 Tagen wurden im Austausch zwischen Community und Foundation 141 Codeänderungen gesichtet. Es gab auch mehrere Treffen zwischen Communitymitgliedern und Angestellten, um die Zukunft von PageTriage und Neulingserfahrungen zu besprechen. Für das vierte Quartal (= des Finanzjahres, d. i. April bis Juni) ist Arbeit eingeplant, um die Erweiterung zu aktualisieren. Wir stehen weiterhin mit Commons in Austausch, wo wir wichtige Softwareverbesserungen an von der Community priorisierten Tools vornehmen. Während des Wishathons der Foundation (die Community Wishlist 2023 einleitend) bearbeiteten etwa 40 Angestellte im Lauf einer Woche 71 Änderungen und erfüllten vier Wünsche. Wir arbeiten mit Communitys zusammen, um Vector 2022 zum Standardskin zu machen, nach drei Jahren Entwicklung, Feedback und ständigem Austausch mit Communitys.“
Im März wird Selena bereit sein, Foren zu veranstalten, in denen sie erklären kann, welche Verbesserungen an den Prozessen der Foundation ihrer Meinung nach nötig sind, darunter technische Unterstützung und gemeinschaftliche Produktentwicklung. Anfang nächster Woche werden die Produkt- und Technologie-Teams der Foundation beginnen, ihre geplanten Ziele zu veröffentlichen, sodass Input und Handlungsempfehlungen von Beitragenden eingeholt werden können.
Schließlich wurde im RfC auch die unklare Rolle von Tides Advocacy bei der Verwaltung des Knowledge Equity Fund angesprochen. In den kommenden Monaten werden wir die Reste des Equity-Funds zurück in die Foundation holen. In diesem Zusammenhang wurde das Wikimedia Endowment nun von der US-Steuerbehörde als gemeinnützig im Sinne von 501(c)(3) klassifiziert. Wir arbeiten daran, die finanziellen Strukturen aufzubauen und auch die Gelder des Endowment von Tides zurückzuholen.
Ausblick
In meinem Update nach neun Monaten habe ich bekanntgegeben, dass meine drei höchsten Prioritäten Strategie, Leadership und Kultur bleiben werden.
Im Bereich Strategie wird sich das Kuratorium in diesem März in New York treffen um einige Themen zu behandeln, die einer Mehrjahresbetrachtung bedürfen:
(1) Das finanzielle Modell von Wikimedia und zukünftige Prognosen für Einkünfte aus Online-Spendenkampagnen (die nach unseren Erwartungen nicht mehr in der gleichen Weise steigen werden), die nächste Phase des Wikimedia Endowment und die Lehren, die wir aus dem ersten Jahr von Wikimedia Enterprise gezogen haben.
(2) Die Verantwortung der Foundation für die Unterstützung der technischen Bedürfnisse der Wikimedia-Bewegung wieder in den Mittelpunkt rücken, ausgehend vom Verständnis der Bedürfnisse unserer beitragenden Communitys und aktueller Themen wie maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz sowie von Innovationen für neue Zielgruppen.
(3) Gezieltere Konversationen zum Entwickeln von Rahmenordnungen und Prinzipien für das Verständnis der Kernrollen und -verantwortungen der Foundation beginnen. Das soll dabei helfen, Input für die Entwicklung der Charta der Wikimedia-Bewegung sowie breitere Gespräche zur Strategie der Bewegung zu liefern.
Mitglieder des Entwurfskomitees der Movement Charter und Kuratoriumsmitglieder des Wikimedia Endowment werden an den Gesprächen im März teilnehmen und wir werden im Anschluss an das Treffen einen Bericht veröffentlichen.
Diese strategische Planung wird zeitgleich mit unserer Jahresplanung stattfinden. Die Jahresplanung wird in diesem Jahr durch die Bedürfnisse unserer Produkt- und Technologieabteilungen angeleitet. Erstmals seit 2015 werden Produkt und Technologie eine gemeinsame Planung vornehmen. Wir beabsichtigen, den zweigleisigen Planungsprozess zu wiederholen, den wir letztes Jahr ausprobiert haben, on-wiki und off-wiki. Schließlich haben wir vor, als Ergebnis dieser Planungen detailliertere Informationen über das Personal der Foundation, über ihre Teamstrukturen und über bestimmte Budgets anzubieten.
Im Bereich Leadership haben wir nach der letzten Community-und-Affiliate-Wahl neue Boardmitglieder begrüßen können. Ich habe außerdem einige leitende Angestellte berufen: Lisa Gruwell wurde neben ihrer Position als Chief Advancement Officer zur CEO-Stellvertreterin ernannt; Anusha Alikhan wurde Kommunikationschefin der Wikimedia Foundation; Nadee Gunasena wurde zum Chief of Staff ernannt; und zuletzt begann Stephen LaPorte seine Arbeit als General Counsel.
Ich glaube, dass Werte und Kultur die größten Auswirkungen darauf haben werden, ob ein richtiger Neubeginn im Zusammenspiel von Wikimedia Foundation und Communitys möglich ist. Das trifft besonders dann zu, wenn Vertrauen aufgebaut und bewahrt werden muss; und wenn jede Art von Veränderung katalysiert und gestützt werden muss. Das Board und die Foundation haben versucht, sich beim Umgang mit den Änderungswünschen an den Spendenbannern daran zu orientieren. Und wir werden auch weiterhin mehr Zeit darauf verwenden, zu reflektieren, was die Welt und unsere globalen Communitys von uns in diesem Moment brauchen.
Ich denke, wir bewegen uns ein bisschen mehr in die richtige Richtung und freue mich weiterhin über Feedback, entweder auf meiner Diskussionsseite oder unter miskander wikimedia.org.
Maryana
Maryana Iskander
CEO der Wikimedia Foundation