Update 12. Mai: Da das weitere Meinungsbild zur Abmahnpraxis heute gestartet ist, verschiebe ich den virtuellen Meilenstein hier mal auf den 29. Mai. John Weitzmann (WMDE) (talk) 16:03, 12 May 2017 (UTC)
Dieses Konvolut von Seiten (erreichbar über die Tabs oben, die von WLM abgeschaut wurden) dient der Diskussion. Der Ordnung halber sollte die Diskussion auf den Diskussionsseiten zum jeweiligen Lösungsansatz laufen und nicht auf den Inhaltsseiten. Letztere werde ich versuchen, regelmäßig mit Blick auf den Diskussionsstand zu bearbeiten und zu ergänzen. Die Diskussion ist erstmal bis zum 15. Mai angesetzt, wobei das natürlich nicht in Stein gemeißelt ist. John Weitzmann (WMDE) (talk) 07:52, 13 April 2017 (UTC)
Ausgangslage
editÜber die letzten Jahre ist eine Fülle von Abmahnfällen entstanden, bei denen es um – wirkliche oder angebliche – Verletzungen von Bedingungen der Creative-Commons-Lizenzen oder anderer freier Lizenzen durch Nachnutzende ging. Anders als im Bereich der Free-Software-Lizenzen spielt sich dies nicht hauptsächlich zwischen Unternehmen oder innerhalb einer bestimmten Branche wie der Softwareentwicklung ab, sondern betrifft alle denkbaren Gruppen von Institutionen über Unternehmen und Privatpersonen bis hin zu Vereinen und informellen Initiativen. Zumindest bei Institutionen im deutschsprachigen Raum steht als Folge inzwischen das grundsätzlich positive Image freigegebener Inhalte insgesamt in Frage.
- Diese Meta-Seite soll einen Rahmen zur Diskussion verschiedener denkbarer Lösungen bieten
- Es geht zum einen um eine gemeinsame Meinungsbildung dazu, welche Lösungsansätze sinnvoll sind und welche nicht
- Zum anderen geht es dann auch um Priorisierung, da weder Community noch Chapter über unbegrenzte Ressourcen verfügen
Im ohnehin aufgeheizten Klima der Copyright-Debatten der letzten Jahre hat die oben genannte Abmahnpraxis inzwischen unübersehbare Folgen gezeitigt: Von öffentlichen Stellen wie Ministerien und Rundfunkanstalten über Stiftungen und Einzelprojekte bis hin zu Unternehmen und Vereinen wurden vielfach von der jeweiligen Leitungsebene ausdrückliche Warnungen vor der Nutzung von Open Content ausgegeben oder diese sogar schlicht untersagt. Vor dem Hintergrund des ohnehin tendenziell übermäßig vorsichtigen Mindsets von Rechtsabteilungen ist der Tenor dann: Open Content ist urheberrechtlich zu gefährlich, um in der Praxis eingesetzt werden zu können.
Noch werden solche Aussagen meist unter der Hand gemacht, während an der Oberfläche die Institutionen den Ideen hinter Open Content offiziell wohlwollend gegenüberstehen. In einzelnen Bereichen aber, derzeit vor allem im besonders auf Drittmaterial angewiesenen Bereich OER, wird zunehmend offener Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Freigaben mittels Standardlizenzen insgesamt geäußert. Das wundert auch nicht, wenn man sich vor Augen führt, dass etwa sämtliche Stiftungen, die sich mit OER beschäftigen, inzwischen schon abgemahnt wurden wegen freigegebener Inhalte, die sie genutzt haben. Nicht in allen Fällen aber durchaus oft stammen die verwendeten Inhalte von Wikimedia Commons oder anderen Wikimedia-Projekten.
Wenn es so weitergeht wie bisher, droht das Image von Open Content zu kippen, vom Werkzeug der Vereinfachung übermäßig komplexer urheberrechtlicher Regeln, die in vielerlei Hinsicht anachronistisch sind, zu einer Abmahnfalle, in die vor allem diejenigen tappen, die sich rechtlich korrekt verhalten wollen und nicht direkt auf die unberechtigte Verwendung von All-rights-reserved-Inhalten setzen. Ob die Beweggründe derjenigen, die als übereifrig abmahnend angesehen werden, geschäftlicher Natur sind oder mehr in einer strengen Auffassung von der Durchsetzung der Standardlizenzen liegen, ist dabei weitgehend unerheblich. Der Image-Schaden ist der gleiche. Und egal wie man die Aufgabe, Freies Wissen zu fördern versteht, kann ein solcher Image-Schaden nicht im Sinne der Wikimedia-Bewegung sein. Deshalb sieht sich inzwischen auch Wikimedia Deutschland (WMDE) als beteiligt an den hier zu diskutierenden Fragen.
Zur rechtlichen Dimension ist zu sagen, dass zumindest nach den WMDE über die Zeit zugetragenen Fällen zu urteilen (die natürlich nicht mehr sein können als Stichproben), längst nicht alle Abmahnungen eindeutig berechtigt zu sein scheinen. Hier tragen bekanntermaßen die teils auslegungsbedürftigen Formulierungen der CC-Lizenztexte mit zur Entstehung der Zweifelsfälle bei. Der Kern des Problems “übereifrige Abmahnungen”, das hier das Thema sein soll, liegt jedoch eher bei denjenigen Sachverhalten, bei denen eindeutig sehr wohl Verletzungen von CC-Bedingungen vorliegen, wenn auch oft nur versehentliche bzw. nur Verletzungen untergeordneter Lizenzpflichten. In Community-Projekten wie denen des Wikimedia-Universums stellt sich dann die Gretchenfrage, welcher Umgang mit solchen Fällen angemessen ist. Gemeint ist hier sowohl der Umgang der Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber mit den Verletzenden als auch der Umgang der Communities mit übereifrigen Abmahnenden. Hinzu kommen Fragen zur Rolle der Wikimedia-Institutionen in dem Ganzen, also der Wikimedia Foundation (WMF) und der Chapter.
Das ganze Thema scheint ein typisch deutschsprachiges zu sein, jedenfalls ist aus anderen Ecken der Welt bisher wenig vergleichbares bekannt. Das spricht dafür, dass die Sachlage maßgeblich durch die bei uns starke Position der außergerichtlichen Abmahnung als Instrument beeinflusst wird. Das im gesamten Immaterialgüterrecht und gewerblichen Rechtsschutz in Deutschland, Österreich und wohl auch der Schweiz etablierte Instrument der Abmahnung ist rechtstechnisch allgemein sehr erfolgreich darin, eine gegenseitige Kontrolle der Rechtstreue zwischen Marktteilnehmenden ohne übermäßige Belastung der Gerichte zu erreichen. Insofern steht die Abmahnung auch nicht generell in der Kritik, sondern hat über den besonderen Komplex der Massenabmahnungen von Verbrauchern durch die Medienwirtschaft bzw. für diese arbeitende spezialisierte Kanzleien eine sehr negative Bekanntheit erlangt. Um diese Filesharing-Debatte soll es hier jedoch nicht gehen.
Auf dieser Diskussionsseite versucht WMDE vielmehr einen Rahmen zur Diskussion möglichst vieler verschiedener Lösungsvorschläge für das oben genannt drohende Image-Problem von Open Content aufgrund übereifriger Abmahnungen trotz Freigabe von Inhalten zu bieten. Das Ziel ist eine gemeinsame Meinungsbildung von Communities und Wikimedia-Chaptern. Das Interesse von WMDE dabei ist ganz klar eine Bewahrung des noch guten Leumunds, den privatrechtliche Freigaben von Inhalten haben. Die hier aufgelisteten Ansätze schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern sind im Grunde sämtlichst auch nebeneinander verfolgbar. Es braucht jedoch nicht nur aus Kapazitätsgründen eine Priorisierung. Vielmehr zeigt die im Frühjahr 2017 eskalierte Debatte um abgemahnte Nutzer von Commons-Bildern, dass es starke Polarisierung und entsprechend großen Klärungsbedarf gibt.
Nota bene: An mehreren Stellen wird in den Beschreibungen der Lösungsansätze der nötige Aufwand thematisiert. Dies bezieht sich auf die derzeitige Situation in den Communities (insoweit mutmaßlich) und den Institutionen. Wenn Zeit- und Finanzressourcen als Faktor beiseite gelassen werden, ist natürlich viel mehr denkbar.
Ansprechpartner in der Geschäftsstelle von WMDE ist John Weitzmann (WMDE) (talk), Referent für Politik und Recht.
Links
edit- WMAT-Workshop Unterstützungsrichtlinien (WMAT-Wiki)
- Sammlung zu klärender Interpretationen von CC-Lizenztexten (DE:WP)
- Meinungsbild zu direkt kostenpflichtig Abmahnenden (DE:WP)